Unter einer Reifeprüfung versteht man in der Regel eine schriftliche oder mündliche Abschlussuntersuchung oder -befragung, mit deren Hilfe man einen bestimmten Reifegrad bei dem Prüfling feststellen möchte, wie etwa die Hochschulreife, die durch das Ablegen des Abiturs attestiert wird.
Bei den „älteren Semestern“ löst das Wort Reifeprüfung wohl auch Erinnerungen an den gleichnamigen ikonischen Film aus dem Jahr 1967 aus, mit einem Dustin Hoffman in Liebesnöten, oder an die 1977 ausgestrahlte, aufsehenerregende „Tatort“-Folge mit Nastassja Kinski.

Einer langwierigen Reifeprüfung ganz anderer Art haben sich seit 1986 gemäß § 2a StVG fast alle Führerscheinneulinge zu unterziehen. Gemeint ist die Fahrerlaubnis auf Probe (FaP), gemeinhin Führerschein auf Probe genannt, eine mit dem Bestehen der Fahrerlaubnisprüfung beginnende zweijährige Bewährungszeit, in der die Fahranfängerinnen und Fahranfänger zeigen sollen, dass sie verantwortungsbewusste Verkehrsteilnehmer sind.

Für wen gilt die Probezeit?

Die Fahrerlaubnis auf Probe gilt nicht nur für die Führerscheinklassen B und BE (Pkw-Fahrerlaubnis), sondern auch für die Klassen C, CE, C1, C1E (Lkw), D, DE, D1, D1E (Busse) sowie für die Kraftradführerscheine A1 (125er), A2 und A, nicht jedoch für die Klasse AM (Mopeds, Roller oder Mokicks) und die Mofa-Prüfbescheinigung.

Gut zu wissen: Die Probezeitregelung greift nur einmal, und zwar beim Ersterwerb einer der oben erwähnten Fahrerlaubnisse. Wer später eine weitere Fahrerlaubnis erwirbt, braucht keine weitere Probezeit „ableisten“. Wer beispielsweise bereits mit 16 Jahren die A1-Fahrerlaubnis erwirbt, der kann zwei Jahre später mit dem A2- oder auch dem B-Führerschein ohne weitere Bewährungsfrist durchstarten.

Das gilt es in der Probezeit zu vermeiden:

Im Wortsinne Verantwortungsbewusstsein „zeigen“ oder Reife „nachweisen“, das wird von den Neulingen nicht verlangt. Es reicht, wenn sie in den 24 Monaten der Probezeit nicht auffällig werden, also keine größeren Verfehlungen begehen. Ob und wie häufig oder wenig sie dabei am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, spielt keine Rolle.

Ein Papiertiger ist diese Regelung dennoch nicht, gilt es doch, so genannte „schwerwiegende Zuwiderhandlungen“, auch „A-Delikte“ genannt, zu vermeiden und auch keine „weniger schwerwiegenden Zuwiderhandlungen“ („B-Delikte“) anzuhäufen. Die Liste der Delikte, die eine Eintragung ins Fahreignungsregister (Punkte in Flensburg) nach sich ziehen und damit probezeitrelevant sind, ist alles andere als kurz. So zählen zu den A-Delikten etwa:

  • Fahren unter Drogen- oder Alkoholeinfluss (es gilt „Null Promille“);
  • Überschreitung des Tempolimits um mindestens 21 km/h;
  • Fahrerflucht;
  • Überfahren einer roten Ampel;
  • zu geringer Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug (auch: Nötigung);
  • Missachtung eines Überholverbots;
  • rechts überholen;
  • unterlassene Hilfeleistung bei Unfällen.

Bei diesen und noch einigen weiteren Ordnungswidrigkeiten und Straftaten der A-Kategorie verlängert sich die Probezeit von zwei auf vier Jahre. Außerdem wird man zur Teilnahme an einem Aufbauseminar verpflichtet. Bußgelder und Punkte, also eine Eintragung ins Flensburger Fahreignungsregister, kommen hinzu.

Darüber hinaus können auch „kleinere“ Ordnungswidrigkeiten (die „B-Delikte“) in den zwei Bewährungsjahren unangenehme Folgen haben. Zu den „B-Delikten“ zählen u.a.:

  • Nichtbeachten eines Stoppschilds;
  • abgefahrene Reifen;
  • Behinderung von Radfahrern oder Fußgängern beim Abbiegen;
  • Parken in einem unerlaubten Bereich;
  • Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung.

Hier verhält es sich so, dass man quasi ein Vergehen frei hat. Ein weiteres auffällig werden zieht nach der Formel „2xB=A“ dieselben Konsequenzen wie oben nach sich: Probezeitverlängerung und Aufbauseminar.

Wie anhand der obigen Aufzählung ersichtlich wird, ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass man sich auch ohne Vorsatz eines A-Deliktes schuldig machen kann. Immerhin zählen Geschwindigkeitsverstöße zu den am häufigsten im Fahreignungsregister eingetragenen Verkehrsauffälligkeiten, und auch eine rote Ampel ist schnell mal unbeabsichtigt überfahren. Der Anteil an Führerscheinneulingen (aller Fahrerlaubnisklassen), für die innerhalb ihrer Probezeit ein Aufbauseminar angeordnet wurde, lag in den letzten Jahren regelmäßig im unteren einstelligen Prozentbereich. Ein kleiner Teil von ihnen hatte übrigens ein so genanntes „Besonderes Aufbauseminar“ zu absolvieren, in dem die Teilnehmenden über die Wirkung des Alkohols und anderer Rauschmittel individuell geschult und informiert werden.

Beide Arten der Aufbauseminare finden in Form von Gruppengesprächen an mehreren Tagen statt. Zusätzlich ist eine Fahrprobe durchzuführen. Das Ganze ist nicht nur lästig bis unangenehm, sondern geht auch ganz ordentlich an den Geldbeutel. Was dabei auffällt: Der Anteil männlicher Teilnehmer an den Aufbauseminaren liegt bei über 70 Prozent, bei den besonderen Aufbauseminaren sind es fast 90 Prozent.

Was kann in der Probezeit noch drohen?

Zunächst gilt: Wer an einem angeordneten Aufbauseminar nicht bzw. nicht innerhalb der gesetzten Frist (in der Regel zwei Monate) teilnimmt, dem wird der Führerschein entzogen. Die Fahrerlaubnis kann dann erst nach Vorlage einer Seminarteilnahmebescheinigung neu erteilt werden.

Für den Fall, dass man nach den ersten probezeitverlängernden Verfehlungen erneut mit schwerwiegenden Zuwiderhandlungen auffällig wird, erfolgt eine schriftliche Verwarnung. Zudem wird die Empfehlung ausgesprochen, innerhalb von zwei Monaten freiwillig an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen.

Letzte Konsequenz: Wer nach Ablauf dieser Zweimonatsfrist noch ein drittes Mal einen schwerwiegenden oder zwei weniger schwerwiegende Verstöße begeht, dem wird die Fahrerlaubnis entzogen. Sie kann aber nach Ablauf einer Sperrfrist auf Antrag neu erteilt werden.

Unser Tipp für Motorrad- und Motorrollerneulinge:
Fahranfängerinnen und -anfänger auf motorisierten Zweirädern sollten sich zu Beginn ihrer „Karriere“ generell besonders vorsichtig und mit einer Extraportion Umsicht im Straßenverkehr bewegen, um sich mit den Bedingungen vertraut zu machen und um möglichst ungefährdet Fahrpraxis sammeln zu können. Das gilt auch für die Phase des Aufstiegs vom Mofa, Moped oder Mokick auf die deutlich leistungsstärkeren Maschinen.

Wer dies als „Neuling“ beherzigt, der wird die oben genannten A-Delikte schon aus Gründen der eigenen Sicherheit unterlassen und muss sich im Prinzip wenig Sorgen um die weitreichenden und unangenehmen Konsequenzen machen, die gröbere Verkehrsverstöße in der Probezeit haben können.

Dennoch kann das Wissen darum, sich in einer Phase der Bewährung zu befinden, hilfreich sein, sich ganz bewusst im Rahmen der Straßenverkehrsordnung zu bewegen und zu einem verantwortungsbewussten (und, ja, auch partnerschaftlichem) Verkehrsteilnehmer heranzureifen.

Und noch ein Hinweis: Während der Probezeit kommt es nicht darauf an, mit welchem Fahrzeug man den Regelverstoß begeht. Im Prinzip kann man trotz Bewährungsstart mit A, A1 oder A2 auch mit dem alten Moped oder dem Mofa noch derart Mist bauen, dass ein Aufbauseminar fällig wird.

Alles easy nach der Bewährungsphase?

Eigentlich ändert sich wenig. Die Verkehrsregeln gelten natürlich weiterhin, und schwerwiegende Verkehrsverstöße werden auch nach Ablauf der Probezeit mit Bußgeldern und Punkten bestraft. Und eins bleibt sowieso dauerhaft gültig: Sicher unterwegs zu sein, ist ein Fahren im Lernprozess, der nie endet, schon gar nicht mit Ablauf der Probezeit.