Die ganze Zeit war die Autobahn frei, doch plötzlich, 100 Meter voraus, kommt der Verkehr zum Erliegen, es hat sich ein Stau gebildet. Unvermitteltes, kräftiges Abbremsen ist jetzt erforderlich. Sollte man da nicht besser auch die Hinterherfahrenden warnen, um die Gefahr eines Auffahrunfalls zu reduzieren? Also Warnblinker anschalten? Ist das womöglich sogar Pflicht, oder etwa verboten? Oft wird hier nach Gutdünken und ohne Kenntnis der Rechtslage reagiert. Meistens passt das auch, aber wie sieht eigentlich ein korrektes Vorgehen aus?

Gemäß Straßenverkehrsordnung (StVO) darf das Warnblinklicht außer beim Liegenbleiben und beim Abschleppen von Fahrzeugen (da ist es ein Muss) nur benutzt werden, wenn Andere durch das eigene Fahrzeug gefährdet werden, oder wenn Andere vor Gefahren gewarnt werden sollen, “zum Beispiel bei Annäherung an einen Stau” (§ 16 StVO). Von einer Pflicht ist hier ausdrücklich nicht die Rede.

Aber Vorsicht!

Im Mai 2023 hat das Landgericht Hagen in einem Urteil nicht nur die Grenze zwischen „Warnblinken“ und „nicht Warnblinken“ genauer erläutert, sondern unter Verweis auf § 1 Abs. 2 StVO auch eine situationsbedingte Nutzungspflicht ins Spiel gebracht: Eine “Verpflichtung”, die Warnblinkanlage zu betätigen, bestehe “nicht bei jedem sich bildenden Stau, sondern nur dann, wenn sich aufgrund des Staus eine Gefährdungslage für den nachfolgenden Verkehr ergibt.” Es komme auf die Gefährlichkeit der Situation und die Erkennbarkeit für den nachfolgenden Verkehr an. Die Einschaltung des Warnblinklichts bleibe aber grundsätzlich unzulässig, wenn keine Gefährdung, sondern nur eine Behinderung des Verkehrs vorliege.

Damit kann festgehalten werden: Wird durch das Auffahren auf ein Stauende eine auch für den nachfolgenden Verkehr geltende Gefahrenlage heraufbeschworen, so ist die Nutzung der Warnblinkanlage keine freiwillige “nette Geste”, sondern sogar Pflicht. Auch wenn hier ein gewisser Ermessensspielraum bleibt: Jeder und jede ist implizit aufgefordert, in Sekundenbruchteilen eine eigenständige Situationsbeurteilung vorzunehmen und eine darauf basierende Entscheidung zu treffen.

Wer kein Warnblinklicht am Fahrzeug hat, ist aus der Pflicht. Aber „fein raus“ ist man damit nicht, denn natürlich bleibt es am „plötzlichen Stauende“ bei einer potentiell gefährlichen Verkehrssituation für sich und andere. Eine Warnblinkanlage ist allein daher auch am Kraftrad sinnvoll. Darum werden auch immer mehr Motorräder mit dieser Funktion ausgestattet. Und, weil wir gerade beim Thema sind: In einer stressigen Verkehrssituation den Warnblinkschalter rasant auf Anhieb „finden“, ist nach meist längerer „Abstinenz“ oftmals gar nicht so einfach. Schauen Sie doch vor der nächsten Fahrt mal kurz nach, wo er sich genau befindet (falls vorhanden). Das gilt auch für Ihre nächste Fahrt im Pkw, Lkw …