Schon klar, wer seine Maschine auf der Autobahn in hohe Geschwindigkeitsregionen treibt, muss mit Auftrieb, einer leichter werdenden Front und eventuell nachlassender Reifenhaftung am Vorderrad rechnen. Hier soll es aber um eine andere Form der Haftung gehen, die Schadenshaftung bei Unfällen, die jenseits der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h passieren.

Auf Deutschlands Autobahnen gilt statt eines generellen Tempolimits die Empfehlung, nicht schneller als 130 km/h (die oben genannte Richtgeschwindigkeit) zu fahren. Da es sich nicht um eine echte Beschränkung handelt, bleibt die (auch hohe) Überschreitung dieser Orientierungsmarke straf- und ordnungsrechtlich folgenlos. Was viele aber nicht wissen: Haftungsrechtlich sieht das ganz anders aus.

Kommt es auf der Autobahn zu einem Unfall, etwa, weil ein rechts Fahrender durch einen fehlerhaften Spurwechsel auf die linke Spur einen Auffahrunfall verursacht, so kann dem auf der Überholspur herannahenden Leidtragenden eine Mithaftung zugeschrieben werden, wenn dieser mit einer höheren Geschwindigkeit als der Richtgeschwindigkeit unterwegs gewesen ist.

Gerichtsentscheidungen, die in solchen Fällen eine Alleinhaftung des Unfallverursachers verneinen, sind kein Einzelfall, sondern eher die Regel geworden. Begründet wird dies dann oft mit dem Hinweis, dass dem Überholenden bewusst sein müsse, dass hohe Geschwindigkeiten von den Überholten nicht richtig eingeschätzt werden könnten.

Bevor jetzt Empörung aufkommt: Mit den Fehlern Anderer zu rechnen, ist gerade für die Fahrerinnen und Fahrer auf motorisierten Zweirädern immer überlebenswichtig.

Beim Befahren der linken oder auch mittleren Spur sollte im Falle des Passierens von Fahrzeugen generell große Vorsicht an den Tag gelegt werden (rechts vorbei verbietet sich ja hoffentlich wohl von selbst). Lieber die auf freier Strecke vielleicht noch machbare Geschwindigkeit drosseln und vorsichtig vorbeifahren.

Dabei sollte man stets bremsbereit bleiben und mit einem Ausscheren rechnen. Überholte könnten schließlich nicht nur die Geschwindigkeit des Überholenden falsch einschätzen, sondern auch den Blick in den Rückspiegel und den Schulterblick vergessen.