Diebstahlschutz – Motorradsicherheit mal wörtlich genommen

„Gestern stand sie noch da!“ Der Schock, anstelle des geliebten Bikes eine leere Fläche vorzufinden, ist groß. Der Weg von der ersten Ungläubigkeit bis zur Anerkennung der Tatsache, dass die Maschine gestohlen wurde, ist dann fast so schmerzhaft wie der Verlust selbst. Was alle nie zu erleben hoffen, für nicht wenige wird es jedes Jahr bittere Realität.

Für 2022 weist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für Deutschland 23.699 Fälle aus, in denen Mopeds und Krafträder gestohlen worden sind. 2021 waren es 17.588, 2020 19.260 Fälle. Darin enthalten sind auch jene Fälle, in denen ein Mofa oder Moped „nur“ für eine Spritztour entwendet und dann weggeworfen (versenkt) wird. Trotzdem, und auch wenn man einen weiteren Teil der Diebstähle auf Leichtsinn zurückführen wollte, die Zahlen erinnern daran, dass auch die besten Sicherungsmaßnahmen keinen 100 prozentigen Schutz vor Diebstahl bieten. Man kann und sollte es Kriminellen aber so schwer wie möglich machen. Wie das geht, dazu geben wir im Folgenden einige Anregungen.

1. Sicherungssysteme im Überblick

Zündschlüssel abziehen und das Lenkschloss betätigen, fertig? Will oder muss man das Motorrad draußen abstellen, so hat dieser Mindestschutz schon früher nicht wirklich funktioniert. Reichte es damals vielleicht noch, zusätzlich ein Ketten- oder Bügelschloss zu verwenden, so sind in Zeiten von Elektropicks und akkubetriebenen Trennschleifern gut durchdachte Maßnahmen erforderlich, um motorisierte Zweiräder soweit es geht vor Diebstahl zu schützen. Das Angebot an entsprechenden Produkten ist vielfältig, unübersichtlich und von unterschiedlicher Qualität. Wir beschränken uns im Folgenden auf hochwertige Lösungen mit hohem Sicherheitsfaktor.

1.1 Mechanische Lösungen

Oft entweder groß oder schwer, oder beides. Dafür sind die Prügel dann aber optisch abschreckend – und dazu geeignet, das Motorrad nicht nur ab-, sondern anzuschließen. Kleinere Schlösser sind zumindest gute Wegfahrsperren.

  • Ketten-, Bügel- und Faltschlösser

Alt, aber bewährt sind Ketten- und Bügelschlösser. Sie wirken abschreckend und sind, hochwertige Qualität (auch beim Schließsystem!) vorausgesetzt, sehr effektiv. Bügelschlösser sind vergleichsweise sperrig, gerade, wenn man sie mitführen möchte. Panzerkettenschlösser aus gehärtetem Stahl (hoher Schutz) bringen dagegen einige Kilos auf die Waage, vor allem dann, wenn sie lang genug sein sollen, um das Motorrad an einen Pfahl oder ähnliches anzuschließen.“Doppelt gemoppelt“: Bügel- und Kettenschlösser lassen sich gut kombinieren, was den Schutz noch einmal erhöht.

Faltschlösser sind flexibler als Bügelschlösser, denn sie bestehen aus mit Gelenken verbundenen, flachen Stranggliedern (ähnlich einem Zollstock). Gefaltet sind sie nicht so sperrig und daher besser zu transportieren. Der Diebstahlschutz ist etwas schlechter, da hier fast alle Schlösser schneller zu knacken sind als die Topmodelle bei Ketten und Bügeln.

  • Bremsscheibenschlösser

Wie der Name schon sagt, verriegeln solche Schlösser die Bremsscheibe und blockieren damit das Rad, fungieren also ebenfalls als mechanische Wegfahrsperre. Neuere Modelle kommen sogar ohne Schlüssel aus. Hier erfolgt die Entriegelung des Schließbolzens via Bluetooth-Verbindung mit dem Smartphone (digitaler Schlüssel).

Bei einigen Varianten ist eine Alarmanlage mit Sensortechnologie integriert. Sobald sich jemand am Schloss zu schaffen macht, registrieren das Bewegungs- oder Erschütterungssensoren und lösen einen akustischen Alarm aus.

Ganz wichtig: Vor der Abfahrt nie vergessen, das Schloss zu entfernen! Einige Modelle haben daher eine Erinnerungsfunktion in Form eines Spiralkabels, das man zum Gasgriff führt. Das Kabel gibt es auch zum Nachrüsten. Alternativ bastelt man sich die eigene Erinnerungsstütze.

Da nicht jedes Bremsscheibenschloss bei allen Bremsanlagen funktioniert, sollte man vor dem Kauf ausprobieren, ob das Modell am eigenen Motorrad passt.

  • Kabelschlösser

Hier gilt ganz besonders: Qualität ist alles. Einfache Kabelschlösser sind schnell durchtrennt. Hochwertige Panzerkabelschlösser mit Kabelummantelungen aus gehärteten Stahlsegmenten halten Aufbruchversuchen besser stand.

  • Bremshebelschlösser

Sie sind eine den Bremsscheibenschlössern vergleichbare Wegfahrsperre, werden aber um Gasgriff und Bremshebel geklippt. Der Gasgriff lässt sich nicht mehr drehen, und der angezogene Bremshebel blockiert das Vorderrad. Allerdings muss der Dieb nur kurz die Entlüftungsschrauben an den Bremssätteln öffnen, um den Bremsdruck zu lösen. Auch hier gibt es Varianten mit integrierter Alarmfunktion. Sie bieten mehr Schutz und Abschreckung.

1.2 Elektronische Lösungen

Unauffällig und bequem, da permanent am Motorrad mitgeführt und leicht aktivierbar. Hier entfällt allerdings der optische Abschreckungsfaktor. Wie die reinen mechanischen Wegfahrsperren haben sie den Nachteil, dass das Motorrad fortbewegt, also beispielsweise auf einen Hänger oder in einen Transporter verladen werden kann. Produkte mit Fahrzeugortung setzen dem allerdings die Nachverfolgungsmöglichkeit entgegen.

  • Wegfahrsperre

Motorräder jüngerer Baujahre sind häufig schon mit elektronischen Wegfahrsperren ausgestattet. Sie werden mit Abzug des Zündschlüssels oder automatisch (keyless) aktiviert, blockieren die Motorsteuerung und damit das Starten des Motors. Solche Sperren lassen sich auch nachrüsten.

  • Diebstahlwarnanlage

Alarmanlagen arbeiten meist mit einem Lagesensor. Wird das Motorrad nach Aktivierung des Sensors bewegt und/oder ändert sich der Neigungswinkel, wird ein lauter akustischer Alarm ausgelöst. Modelle mit Vibrationssensor reagieren nicht ganz so zuverlässig. Einige Modelle verfügen über eine Art Notstromakku. Sie funktionieren auch dann noch, wenn Diebe die Batterie abklemmen.

Alarmanlagen gehören noch eher selten zur Serienausstattung. Ihr nachträglicher Einbau ist mit ein wenig Geschick und technischem Verständnis aber auch in Eigenregie machbar.

  • GPS-Tracker

GPS-gestützte Alarmsysteme bzw. unauffällig im Fahrzeug verbaute GPS-Tracker verhindern Diebstahlversuche zwar nicht. Die werden aber schnell bemerkt (stiller Alarm), und die Chancen stehen gut, dass das gestohlene Motorrad geortet werden kann.

Die auf Satelliten- (GPS) und Funkzellenortung (GSM) eingestellten Geräte nehmen eine SIM-Karte auf und werden auf die eigene Mobilnummer programmiert. Im Alarmfall wird entweder eine SMS vom Gerät aufs Handy geschickt, oder man erhält über eine App eine Benachrichtigung und ggf. weitere Informationen wie etwa Positionsdaten. Ganz ausgefuchste Geräte arbeiten in einem Modus, der von den gängigsten Suchgeräten, über die Profidiebe mittlerweile verfügen, nicht erkannt wird.

2. Sicherungsmethoden für zuhause und unterwegs

Während man für den Heimatstandort schweres Geschütz auffahren kann, sind für unterwegs transportfreundliche Lösungen gefragt. Die sollte man dann aber auch konsequent (auch beim kurzen Sprung in den Supermarkt) nutzen.

2.1 Zuhause

Ein guter Abstellplatz, wie etwa eine abschließbare Garage oder Schuppen, ist Gold wert. Auch eine Tiefgarage ist besser als nichts. Wer sein Motorrad aber auf öffentlichen Flächen abstellen und sich als Laternenparker durchs Zweiradleben schlägt, sollte zunächst daran denken: Anschließen ist immer besser als abschließen! Denn auch schwere Motorräder können von Profis in Windeseile auf Anhänger oder in Transporter verfrachtet werden.

Ist ein Ankerpunkt gefunden (Laternenpfahl, Geländer etc.; alternativ gibt es auch an Wänden oder Böden zu befestigende Bodenanker), so stellen hochwertige Panzerkettenschlösser die hoffentlich untrennbare Verbindung zur Maschine her. Ein zweites Schloss (Bügelschloss, Bremsscheibenschloss) erhöht die Abschreckung.

Steht das Motorrad in Hörweite, ist eine Alarmanlage sinnvoll. Da sie ihren Strom von der Batterie bezieht, schaltet sie sich irgendwann ab, damit die Batterie vor Tiefentladung geschützt wird. Diese muss daher regelmäßig ans Ladegerät gehängt werden, für Langzeitlösungen (Überwinterung) sicher ein Nachteil. Eine überlegenswerte Alternative stellen GPS-gestützte Alarmsysteme dar.

Abdeckplanen schützen das Motorrad übrigens nicht nur vor Schmutz und Nässe, sondern auch vor neugierigen Blicken. So können potenzielle Diebe nur schlecht einschätzen, ob das Motorrad überhaupt den Versuch „wert“ ist. Die Plane ggf. separat als „erste Hürde“ mit einem Kabelschloss sichern

2.2 Unterwegs

Nicht zu schwer, nicht zu groß, lautet die Anforderung an den Diebstahlschutz, der mit auf Tour gehen soll. Für elektronische Lösungen ist das kein Problem, die fahren einfach mit. Als mechanische Ergänzung bieten sich hochwertige Bremsscheibenschlösser an. Bei manchen ist eine Alarmanlage integriert, die auf Bewegung (Manipulationsversuche am Schloss) reagiert.

Auch ein zusätzliches Bügel- oder Kettenschloss findet vielleicht noch Platz im Tankrucksack. Gerade wenn man keinen sicheren Parkplatz (Hotelgarage, bewachtes Areal) zur Verfügung hat, erhöht das doppelte Abschließen die Abschreckung.

3. Allgemeine Hinweise und Tipps

Sicherheit ist nicht billig zu haben. Nehmen Sie im Zweifelsfall lieber etwas mehr Geld in die Hand. Das allein bietet aber noch keine Garantie, denn innerhalb der jeweiligen Produktgruppen gibt es große Qualitätsunterschiede, und nicht immer sind die teuersten die besten Produkte. Das Studium seriöser Vergleichstests, wie sie Motorradzeitschriften und die Stiftung Warentest immer mal wieder durchführen, schützt vor Fehlkäufen.

Setzen Sie zudem nicht auf die eine Lösung. Sichern Sie Ihr Motorrad daher mit zwei Schlössern unterschiedlicher Bauart. Profidiebe spezialisieren sich meist auf einen bestimmten Schlosstyp. Ebenso empfehlenswert ist die Kombination aus mechanischen und elektrischen „Schutzengeln“.

Abschreckung ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Sind die Hürden hoch, müssen Diebe größeren Aufwand betreiben. Führt der erkennbar nicht in einer bestimmten Zeitspanne zum Erfolg, steigt das Risiko erwischt zu werden. Dann lassen Profis meist von ihrem Vorhaben ab und suchen sich lieber eine leichter und schneller zu knackende Beute.

4. Gehirnschmalz ist gefragt, denn grau ist alle Theorie

Leider gibt es kein Patentrezept, keine allgemein gültige Vorgehensweise, um einen Diebstahl zu verhindern. Schlimmer noch: Das Gefahrenpotenzial ist wie eine Blackbox. Es lässt sich immer nur näherungsweise einschätzen. Wichtige Kriterien sind dabei der Abstellort, die Abstellzeit und -dauer sowie die Attraktivität des eigenen Motorrads für Diebe.

Wer ein altes „Brot und Butter“-Modell tagsüber für zwei Stunden an einem belebten Ort in einer Kleinstadt parkt, dürfte mit einfachen Vorkehrungen auskommen. Kaum ruhig schlafen dürfte dagegen, wer ein neuwertiges und hochpreisiges Topmodell über längere Zeit und/oder auch über Nacht am wenig frequentierten Straßenrand einer Großstadt abstellt.

Die Praxis findet in der Regel allerdings zwischen diesen zwei Polen statt. Die Extreme sollen hier abschließend nur eins verdeutlichen: Auch wenn es den perfekten Diebstahlschutz nicht gibt, ein situationsgerechter Mitteleinsatz ist der beste Weg, es den Ganoven so schwer wie möglich zu machen. Dazu gehört auch, sich über das Gefahrenpotenzial des Abstellorts ein paar Gedanken zu machen. Ist der Stellplatz klug gewählt, oder gibt es in der Nähe vielleicht einen belebteren, einen nachts besser ausgeleuchteten Ort? Wenn möglich sollte man auch Stellplätze meiden, die verraten, dass man sein Motorrad eine längere Zeitdauer unbeaufsichtigt lassen wird (etwa vor Kinos oder Freibädern).