Airbagsysteme für Motorradfahrende

Wenn es darum geht, die Wucht eines Aufpralls für die Aufsassen auf motorisierten Zweirädern abzumildern, haben sich Airbags als enorm leistungsfähig erwiesen. Anders als beim Pkw gestaltet sich der Einsatz eines Airbags beim motorisierten Zweirad jedoch bauartbedingt komplexer. Von daher konzentriert sich der Zweiradsektor eher auf die Ausrüstung der Fahrenden, weshalb unter dem Schlagwort Airbag im Allgemeinen von Motorradfahrer-Airbags die Rede ist. Diese sind derzeit als Jacke oder Weste, zum Über- oder Drunterziehen oder in die Bekleidung integriert, verfügbar. Mechanisch ausgelöst oder elektronisch gesteuert, können sie ihren Träger im Millisekundenbereich mit ihren Luftpolstern beim Primär- und/oder Sekundäraufprall schützen.

Wir geben einen Überblick über die verschiedenen Systeme, erläutern die Unterschiede und klären auf, worauf man beim Kauf achten sollte.

1. Welche Systeme gibt es?

Beim Auto längst selbstverständlich: Airbags in der Fahrgastzelle , die sich bei einem Crash blitzschnell aufblasen und die Insassen vor den Folgen eines Aufpralls schützen. Die Funktion der Luftpolster besteht darin, die Bewegungsenergie des Körpers auf eine möglichst große Fläche zu verteilen und kontrolliert abzufangen bzw. umzuleiten.

Auch bei motorisierten Zweirädern kann so eine Knautschzone funktionieren, doch ist die Umsetzung hier weitaus komplizierter zu realisieren. Unterschiedliche Sitzpositionen und -haltungen sowie die Vielzahl möglicher Kollisionsverläufe sowie der damit verbundenen Abflug- und Aufprallkonstellationen stellen die Ingenieure vor die schwierige Aufgabe, einen universellen, stets kompatiblen und dabei in allen Crash-Situationen wirksamen Airbag zu entwickeln. Hinzu kommt das Problem der Unterbringung, denn am Motorrad ist bei sehr vielen, vor allem den kleineren Modellen kaum Raum dafür vorhanden. Nicht zuletzt spielen auch wirtschaftliche Faktoren bei den kostenintensiven fahrzeuggebundenen Lösungen eine Rolle. Mit der Honda Goldwing  existiert derzeit (2022) nur ein Modell, an dem serienmäßig seit 2006 ein Airbag verbaut ist bzw. angeboten wird.

Pkw mit Airbag

Honda Goldwing

Fahrerbezogene Systeme sind auf dem Vormarsch

Doch es gibt einen weiteren Weg, Motorradfahrerinnen und -fahrer mit mehr Aufprallschutz auszustatten. Fahrerbezogene Systeme, also Airbagbekleidung . Die Idee ist gar nicht so neu, wie viele vielleicht meinen. Bereits seit über zwei Jahrzehnten wird diesbezüglich Entwicklungsarbeit geleistet. Auch dank der Fortschritte im Bereich der Mikroelektronik hat dieses Sicherheitsfeature gerade in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung durchlebt. Fakt ist: Seit Fahrer-Airbags ihren Weg aus dem Motorsport auf die öffentlichen Straßen gefunden haben, schreitet die Entwicklung zügig voran. Mittlerweile bietet der Markt ein reichhaltiges Angebot, das unterschiedliche Interessen und Vorlieben bedient.

Das Schutzprinzip ist dabei gleichgeblieben: Dem Erkennen einer Unfallsituation folgt das Auslösen einer Gaskartusche  oder eines Gasgenerators, die/der die Luftkammern in Sekundenbruchteilen mit Treibgas füllt und zu größeren Aufprallkissen aufbläst, die in die Bekleidung eingearbeitet sind. Der große Vorteil dieser Lösung: In die Bekleidung integrierte Fahrerairbags sind universell, also unabhängig vom Motorradmodell einsetzbar und bei verschiedenen Unfallkonstellationen wirksam. Anders als bei fahrzeuggebundenen Lösungen steht für die Sozia bzw. den Sozius das gleiche Schutzniveau zur Verfügung. Zudem kommen sie ihrer Funktion auch dann noch nach, wenn sich die Aufsassen vom Fahrzeug lösen. Und nicht zuletzt sind Bekleidungsairbags kostengünstiger.

Bekleidungsairbags sind bislang lediglich für den Oberkörper verfügbar. Es gibt sie in zwei Varianten, als Bestandteil von Kombis und Motorradjacken , also „fest installiert“ oder als zusätzlich über oder unter einer herkömmlichen Motorradjacke zu tragende . In beiden Fällen erhalten die NutzerInnen nachweislich einen zusätzlichen Schutz im Brust-, Bauch-, Hals-, Schulter- und Rückenbereich.

Ausgelöster Airbag mit Dummy

Kartusche

Für drunter oder drüber: Airbagwesten

Drüber

Wer seine vorhandene Schutzausrüstung sicherheitstechnisch optimieren möchte, der greift im einfachsten Fall zu einer Airbagweste , die über der Jacke getragen werden kann. Ihr Vorteil: Sie ist in verschiedenen Größen erhältlich, universell einsetzbar und dank Verstellmöglichkeiten in der Passform anpassbar. Das ist deshalb wichtig, weil nur der korrekte Sitz die volle Schutzfunktion der Weste gewährleistet. Überziehwesten sind vor allem für jene interessant, die mehr als nur eine Motorradjacke für unterschiedliche Wetterlagen zuhause haben, oder die mit sportlich eng anliegender Kleidung fahren.

Drunter

Eine Airbagweste für drunter ist ähnlich flexibel. Sie kann im Prinzip unter jeder Motorradjacke getragen werden, die nicht zu eng anliegt, also Platz für die Weste bereithält und darüber hinaus im Ernstfall noch ca. vier bis fünf Zentimeter (Herstellerangaben beachten!) Raum für die Ausdehnung  der Luftkammern lässt.

Neben den Luftkammern verfügen die Westen noch über weitere Sicherheitsfeatures. Dazu zählen Rückenprotektoren und bei Überziehwesten etwa auch Reflexstreifen oder Stoffe bzw. Textilsegmente in Signalfarben für bessere Sichtbarkeit. Zudem werden oft Materialien mit hoher Abriebfestigkeit, vereinzelt auch Leder verwendet, um die Airbagkammern zu schützen.

Die integrierte Lösung: Airbagjacken und -kombis

Im Unterschied zu den ergänzend anzuziehenden Westen ist das Airbagsystem  hier bereits fest eingearbeiteter Teil der Bekleidung. Die richtige Passform zu finden, ist auch hier ein zentrales Thema.  Nur wenn die Jacke „richtig sitzt“, ist für die richtige Passform des integrierten Airbags bereits ab Werk gesorgt. Wer also vor einer Neuanschaffung bei der Oberbekleidung steht, kann diese Variante in Erwägung ziehen.

Was die weitere sicherheitstechnische Ausstattung angeht, stehen Airbagjacken je nach Modell den konventionellen Jacken natürlich in nichts nach. Das gilt auch für die unterschiedlichsten Komfortmerkmale wie herausnehmbare Innenfutter, Belüftungsöffnungen, verstellbare Abschlüsse und vieles mehr.

Die Auslösung: Ein Ziel, zwei Systeme – mechanisch und elektronisch

Die verschiedenen Varianten der Airbagbekleidung setzen bei den Auslösesystemen auf zwei unterschiedliche Möglichkeiten: Die mechanische Auslösung per Reißleine und die sensorbasierte Auslösung per Elektronik.

„Robuste Reißleine“

Bei den mechanisch aktivierten Systemen werden Fahrende über ihre Jacke oder Weste per Kabel (Reißleine) mit dem Motorrad verbunden. Sobald sich der Fahrende unfallbedingt vom Motorrad trennt, löst dieses Kabel mechanisch die Gaskartusche aus, die die Airbagkammern in Sekundenbruchteilen mit Treibgas füllt. Das System ist wartungsfrei, die CO2-Kartuschen lassen sich nach einer Auslösung in der Regel selbstständig wechseln.
Bei der Befestigung der Auslöseleine ist zu beachten, dass dies möglichst in der Motorradmitte, also nah am Körper geschieht. Die Verbindung zum Motorrad stellt man an einem festen Bauteil her, zum Beispiel am Rahmen und nicht an der Verkleidung und in keinem Fall am Lenker!
Die Kabellänge muss individuell eingestellt und sollte zudem möglichst kurzgehalten werden, denn je länger die Reißleine, desto mehr Zeit vergeht, bis sie sich strafft bzw. genug Spannung für die Auslösung aufgebaut hat. Das verlängert die Auslösezeit. Andererseits muss die Kabellänge aber auch genug Bewegungsfreiheit auf dem Zweirad bieten und eventuell ein auf den Rasten stehendes Fahren ermöglichen. Ob der Spielraum für das Auf-und Absteigen reichen muss, obliegt der individuellen Entscheidung. Das Lösen der Verbindung vor dem Absteigen klingt kompliziert. In der Praxis ist die richtige Handhabung aber schnell verinnerlicht und wird zur Routine.
Mythos: Ängste vor einer versehentlichen Fehlauslösung, etwa bei einem unbedachten Absteigen vom Motorrad, sind übrigens unbegründet, denn mit mindestens 30 Kilogramm ist die zur Auslösung benötigte Zugkraft an der Reißleine recht hoch bemessen. Ein versehentliches Auslösen wäre insofern mit großem Kraftaufwand verbunden und somit eher unwahrscheinlich. Man merkt also früh genug, dass da beim Absteigen noch etwas hakt.

„Smarte Elektronik“

Elektronisch arbeitende Airbagjacken/-kombis waren vor einigen Jahren noch mit dem Fahrzeug gekoppelt. Heute arbeiten die neuen Systeme völlig autark, also unabhängig vom Fahrzeug. Dazu verfügen die elektronisch auslösenden Systeme über eine ins Kleidungsstück integrierte Sensorik, die bei einigen Systemen durch am Motorrad (etwa an der Vorderradgabel) platzierte Sensoren optional ergänzt werden kann, um die Unfallerkennungszeit weiter zu reduzieren. Die Kombination aus Neigungs-, Beschleunigungs- und Erschütterungssensoren ermöglicht in Verbindung mit GPS-Signalen einen 360° Schutz und liefert dabei eine Bewegungsanalyse des Fahrenden in Echtzeit, indem bis zu 1.000 Mal pro Sekunde erfasst wird, was rund um den Motorradfahrenden geschieht. Hinzu kommt, quasi als Herzstück, die elektronische Rechnereinheit , die die Signale der Sensoren verarbeitet und bei Erkennen einer Gefahrensituation das Signal zum Auslösen gibt. Sie wird per Akku mit Strom  versorgt, muss also regelmäßig aufgeladen werden. Die Kapazität einer Akkuladung ist längst schon so großzügig bemessen, dass ein kompletter Fahrtag, je nach Hersteller aber auch deutlich mehr, abgedeckt wird.

Übrigens, viele elektronische Modelle lösen auch bei einem seitlichen Wegrutschen aus, einige arbeiten sogar bei stehendem Fahrzeug, erkennen beispielsweise einen von hinten oder seitlich auffahrenden Pkw und blasen vor der Kollision die Kammern auf.

Während bei mechanischen Systemen nur die Reißleine eingeklinkt wird, muss bei den elektronischen Varianten darauf geachtet werden, dass die Akkus aufgeladen sind. Unmittelbar vor der Fahrt wird das System dann durch „einschalten“ aktiviert. Letzteres wird je nach Modell beispielsweise praktisch über den Verschlussknopf geregelt. Sobald dieser verschlossen und damit der notwendige Kontakt hergestellt wird, ist das System „online“.

2. Ihre Wahl: Mechanisch oder elektronisch?

Reißleine oder Sensoren? Diese Frage stellt sich unvermeidlich allen Motorrad- und Rollerfahrerinnen und -fahrern, die den Einstieg in die Airbag-Sicherheitstechnik suchen. Die Frage nach dem bevorzugten Einsatzbereich, aber auch individuelle Präferenzen spielen bei der Entscheidung – wie so oft – eine Rolle.

Wer sich mit wartungsarmer und transparenter Technik wohl fühlt, oder wer einen Airbag bevorzugt, der immer griffbereit und ohne vorheriges Aufladen spontan zur Verfügung steht, der greift zum mechanischen System.

Wer sich für die fortgeschrittensten technischen Lösungen begeistert, wer eine per Update erhältliche ständige Verbesserung der Software haben möchte, oder wer eine Reißleine einfach für zu umständlich hält, für den ist die smarte, kabellose Variante das Richtige.

Die wesentlichen Unterschiede

Die verschiedenartige technische Umsetzung der Erkennung und Auslösung führt dazu, dass sich die Systeme in den Punkten Unfallerkennung und Reaktionsschnelligkeit unterscheiden. Auch bei Handhabung, Wartung und Kaufpreis zeigen sich Differenzen.

– Schutzfunktion:

Die elektronischen Systeme punkten mit einer sehr kurzen Interventionszeit, der Zeit, die zwischen der Unfallerkennung und dem vollständigen Aufblasen vergeht. Erreicht wird dies durch eine Kombination aus schneller Unfallerkennung und kurzer Airbag-Fülldauer dank explosionsartiger Füllung der Luftkammern durch Gas-Generatoren. Die Phase der Unfallerkennung kann noch weiter verkürzt werden, wenn zusätzliche Sensoren am Motorrad verbaut werden.

Reißleinensysteme haben konstruktionsbedingt eine längere Unfallerkennungsdauer, denn sie reagieren erst und nur dann, wenn die Reißleine entsprechend gestrafft ist bzw. sich der Fahrer vom Fahrzeug löst. Werden CO2-Kartuschen verwendet, verlängert sich auch die Airbag-Fülldauer ein wenig. Die Interventionszeit ist also länger.

Hinzu kommt, dass ein Unfall bei den mechanisch ausgelösten Westen oder Jacken generell erst und nur dann „erkannt“ wird, wenn sich der Fahrer vom Fahrzeug löst bzw. genug Spannung für die Auslösung aufgebaut ist und so die Airbags aktiviert. Dies bietet einen guten Schutz beim so genannten Sekundäraufprall, etwa wenn man als Folge der Kollision mit einem Pkw auf die Fahrbahn szürzt. Ein Schutz beim Primäraufprall (Pkw) ist hier weniger möglich.

Elektronische Systeme können einen Unfall durch Analyse der Sensordaten schon vor einer Kollision erkennen und die Luftkammern im Idealfall bereits vorher aufblasen. Ihre Schutzfunktion erstreckt sich also auch auf den Primaraufprall, zum Beispiel dem initialen Aufprall am gegnerischen Fahrzeug.

– Handhabung:

Mechanische Systeme sind in der Handhabung unterwegs etwas umständlicher, da die Reißleine bei jedem Auf- und Absteigen an- bzw. abgekoppelt werden muss, auch, wenn dies einfach per Klickverschluss funktioniert. Die drahtlosen elektronischen Systeme werden vor Fahrtantritt einfach per Knopfdruck aktiviert. Allerdings muss im Vorfeld stets darauf geachtet werden, dass die Akkus ausreichend geladen sind.

– Wartung:

Mechanische Systeme bedürfen im Prinzip keiner gesonderten Wartung. Eine gelegentliche Sichtkontrolle ist ausreichend, bei der vor allem der Zustand der Reißleine geprüft werden sollte. Der Austausch der Gaskartusche nach einer Auslösung kann in der Regel eigenständig vorgenommen werden.

Bei den elektronischen Varianten gesellt sich in punkto Wartung neben die „Akkupflege“ auch das gelegentliche Aufspielen von Updates für die Steuerungssoftware hinzu. Auch empfehlen die meisten Hersteller eine regelmäßige fachmännische Wartung im Zwei- oder Drei-Jahresrhythmus. Bei einer Reihe von Anbietern können die Westen oder Jacken nach einer Auslösung nicht eigenständig, sondern nur durch den Hersteller bzw. den Fachhandel wieder in Gang gesetzt werden.

– Preis:

Nicht zuletzt fallen Anschaffungskosten unterschiedlich hoch aus. Mechanische Westen bieten den preisgünstigeren Einstieg. Die mit Sensoren und elektronischer Auslöseeinheit bestückten elektronischen Systeme sind in der Anschaffung teurer.

Die Vor- und Nachteile noch einmal im Überblick :
Mechanik: plus: vergleichsweise preisgünstig / einfacher Betrieb / wartungsfrei / jederzeit einsatzbereit
minus: längere Interventionszeit / Aufprallschutz meist erst nach Lösen vom Fahrzeug / etwas aufwändigere Handhabung unterwegs
Elektronik: plus: kürzere Interventionszeit / Erkennung unterschiedlicher Unfallszenarien / Kollisionsschutz auch bei Verbleib auf Fahrzeug (etwa Wegrutschen) / Software wird perspektivisch leistungsfähiger / unterwegs einfache Handhabung
minus: vergleichsweise höhere Anschaffungskosten / Erstinstallation, gelegentliche Wartung notwendig / Anwendung im Vergleich etwas komplexer /Akkuladung bestimmt Nutzungsdauer

3. Sonst noch Fragen?

Wie vertragen sich die Systeme mit Rückenprotektoren?

Die meisten heute angebotenen Über- und Unterziehwesten bieten bereits einen integrierten, manchmal auch herausnehmbaren Rückenprotektor. Einige Westen sind so konstruiert, dass ihre Luftkammern die Funktion dieses Protektors übernehmen. Ansonsten kann auch der Rückenprotektor der Jacke weiter verwendet werden. Airbagjacken sind ebenfalls meist schon mit integriertem Rückenprotektor erhältlich oder bieten die Möglichkeit diesen nachzurüsten.

Was ist bei Fahrten im Regen?

Airbag-Systeme funktionieren grundsätzlich auch bei Regenwetter. Bei den Jacken bietet das Obermaterial Wetterschutz, oft sind sie dank atmungsaktiver Membran sowieso wasserdicht. Überwesten sind ebenfalls regenfest ausgelegt. Da, wo Elektronik zum Einsatz kommt, ist sie in der Regel wasserdicht. Ansonsten gilt: Das Tragen zusätzlicher Regenbekleidung ist grundsätzlich möglich. Natürlich sollte diese nicht zu eng sitzen, sondern genügend Spielraum für den ausgelösten Luftsack bieten.

Ist die Verwendung eines Rucksacks möglich?

Wer seine sieben Sachen gerne in einem Rucksack  transportiert, sollte beachten, dass nicht alle Westen dafür geeignet sind. Dies gilt auch für die in die Bekleidung integrierten Airbags. Einige Hersteller raten nicht generell ab, mahnen aber an, dass der Airbag bei einem größeren Widerstand nicht richtig auslösen könnte. Es ist daher generell empfehlenswert die Schultergurte des Rucksacks so weit zu lockern, dass er gerade noch fest und sicher auf dem Rücken aufliegt. Wie es sich beim Produkt der Wahl verhält, sollte spätestens beim Kauf geklärt werden.

Bewirkt die zusätzliche Bekleidungsschicht einen Hitzestau?

Hier gibt es in der Regel keine Probleme. Die Konzeption der verschiedenen Systeme ist so ausgelegt, dass sie für Fahrtwind durchlässig sind. So wurde bei manchen Modellen der Luftsack innerhalb der Weste so zusammengefaltet, dass noch jede Menge Luft zirkulieren kann. Bei den Unterziehwesten kommt stark atmungsaktives Material, wie zum Beispiel Mesh, zum Einsatz.

Für wen ist Airbagkleidung nicht geeignet?

Vorausgesetzt die Passform stimmt, gibt es nur für die elektronischen Airbagsysteme eine wichtige Einschränkung: Sie dürfen nicht von Personen benutzt werden, bei denen ein Herzschrittmacher oder andere elektronische medizinische Geräte zum Einsatz kommen. Auch schwangeren Frauen wird die Nutzung nicht empfohlen.

4. Worauf kommt es an?

Wer seine persönliche Schutzausrüstung mit Airbagtechnik ergänzen und aufwerten möchte, sollte im Vorfeld einige Dinge beachten, um im großen Angebot das individuell geeignete Kleidungsstück zu finden. Zunächst gilt es, eine zum eigenen Bedarf passende Grundsatzentscheidung zu treffen: Weste „für drüber oder drunter“, oder gleich die komplette Jacke? In allen Fällen sollten aber folgende Kriterien beim Kauf berücksichtigt werden.

– Richtige Größe und Passform

Ähnlich wie bei der restlichen Motorradbekleidung ist auch bei den Airbagjacken und -westen die korrekte Passform das A und O für die optimale Schutzwirkung. Die Wahl der richtigen Konfektionsgröße ist dabei der erste und wichtigste Faktor. Daher empfiehlt sich eine gründliche Anprobe im Fachgeschäft. Im Idealfall können dabei die Produkte unterschiedlicher Hersteller probiert werden. Beim Kauf einer Weste nehmen Sie Ihre Motorradjacke mit!

Bei dieser Gelegenheit sollte man sich auch gleich um das „Feintuning“ kümmern: Sitzt die Jacke auch in „Fahrhaltung“ oder gebückt gut am Körper? Lässt sich die Weste für drüber mittels Verstellmöglichkeiten gut über der eigenen Oberbekleidung justieren? Passt der Halsabschluss? Hat die Unterziehweste genügend Platz unter der Jacke?

Airbagkleidung sollte nicht zu großzügig bemessen sein, sie darf aber auch nicht zu eng anliegen, denn die Luftpolster brauchen vier bis fünf Zentimeter Spielraum, um sich ausdehnen zu können (Herstellerangaben beachten!). Bei Unterziehwesten sollte die Jacke in der Weite mehrere Zentimeter Platz bieten. Wer bei kühler Witterung zusätzlich einen dicken Pulli verwendet, sollte diesen bei der Anprobe mitnehmen.

Übrigens: Weil die Passform so wichtig ist, wird Airbagkleidung in den Größen von S bis 2XL, manche Modelle aber auch in XS und 3XL angeboten. Ebenso gibt es bei einigen Herstellern Damen- und Herrenversionen. So sollte jede und jeder fündig werden.

– Kombination mit konventionellen Protektoren

Es ist grundsätzlich möglich und auch empfehlenswert, Airbagkleidung mit konventionellen starren Protektoren auszustatten bzw. zu kombinieren. Ein Rückenprotektor ist meist schon integraler Bestandteil. Bei einigen Westen lässt sich der Rückenprotektor aber auch herausnehmen, wenn man einen separaten oder einen in der Jacke verbauten Rückenprotektor bevorzugt.

Schulter- und Ellbogenprotektoren sind entweder bereits Bestandteil von Airbagjacken, oder sie lassen sich nachrüsten. Zudem haben einige Anbieter eine Ergänzung des Airbagschutzes durch weitere feste Protektoren zum Beispiel im Brustbereich vorgesehen. Da es aber auch Westen mit Schulterschutz gibt, sollte ein Fachgespräch beim Händler klären, welche Elemente jeweils sinnvoll mit dem gewählten Modell harmonieren.

– Auffallen erwünscht

Eine zentrale Unfallursache besteht darin, dass andere Verkehrsteilnehmer das motorisierte Zweirad übersehen. Auffällige Kleidung kann nachweislich helfen, um von anderen Verkehrsteilnehmern besser wahrgenommen zu werden. Daher ist es auch bei Airbag-Überwesten und -Jacken empfehlenswert, das farbenfrohere Modell mit Signalfarben und reflektierenden Elementen zu wählen. Die meisten Anbieter haben mindestens eine „hellere“ Variante im Angebot.

– Auf den Kauf vorbereiten

Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, ist es hilfreich, online bereits vorab die verschiedenen Produktbeschreibungen zu studieren. Das erleichtert die Entscheidung darüber, welches System und welche Modelle generell in Frage kommen. In vielen Fällen lassen sich auch die Bedienungsanleitungen im Internet beschaffen. In die Anleitungen der favorisierten Modelle sollte man im Vorfeld einen Blick werfen. So vorbereitet können im Beratungsgespräch gezielt die relevanten, noch offenen Fragen geklärt werden.

– Probefahrt

Wann immer möglich, sollte eine ausgiebige Probefahrt dem Kaufabschluss vorangehen. Sie gibt letzten Aufschluss darüber, ob die gewählte Weste oder Jacke richtig sitzt, ob sie die Bewegungsfreiheit nicht einschränkt, und ob sie als angenehm zu tragen empfunden wird.

– Zu guter Letzt

Bei einigen Herstellern ist es nötig, sich und das Produkt nach dem Kauf noch zu registrieren und damit das System zu aktiveren. Vielfach wird auch begleitend eine App angeboten, die den Bedienkomfort steigert. Auf das Smartphone geladen, hat man so unter anderem Informationen zum Betriebszustand und zum Ladestand des Akkus direkt zur Hand oder kann etwaige Software-Updates bequemer durchführen.

5. Fazit: Klare Empfehlung für ein echtes Sicherheitsplus!

Protektorenwesten und -jacken sind längst keine Exoten mehr. Sie sind alltagstauglich und bieten in allen Systemvarianten einen zusätzlichen Schutz vor den Folgen eines Unfalls oder Sturzes. Und das nicht nur für die Pilotinnen und Piloten. Selbstverständlich sind auch Mitfahrende mit den neuen Systemen bestens geschützt, sodass man diese nicht in seiner Planung vergessen sollte.

Die neuesten Generationen glänzen darüber hinaus mit unkomplizierter Bedienung und Tragekomfort. Es spricht eigentlich nichts dagegen, statt die Entwicklung zu beobachten, sich schon jetzt für das große Sicherheitsplus zu entscheiden. Die größte Entscheidung ist aber eigentlich die leichteste: Einfach machen!