Der links ausholende Rechtsabbieger – oder:

,,When you least expect it, expect the unexpected“

Für den Motorradfahrer war die Situation eigentlich völlig klar und überschaubar. Ein vorausfahrender Pkw wollte an der nächsten Einmündung rechts abbiegen. Der Pkw-Fahrer verhielt sich zunächst vorbildlich. Er blinkte frühzeitig, verlangsamte sein Tempo angemessen und zog leicht zum rechten Fahrbahnrand herüber.

Weil weit und breit kein Gegenverkehr in Sicht war, und weil sich aus der gut einsehbaren Einmündung kein anderes Fahrzeug näherte, setzte der hinter dem Pkw fahrende Motorradfahrer ordnungsgemäß zum Überholen an. Als er auf Höhe des Pkw vorbeizog, konnte er gerade so eben noch eine Kollision vermeiden.

Was war passiert? Der Pkw-Fahrer hatte sich eine nicht ungefährliche, im konkreten Fall aber überflüssige Verhaltensweise angewöhnt. Um bequemer um die Kurve zu kommen, fuhr er einen unnötig großen Bogen. Er schwenkte also vor dem Rechtseinbiegen kurz nach links, um den Abbiegeradius zu vergrößern.

Zwar gibt es auch Verkehrssituationen, in denen ein Linksausholen vor dem Abbiegen notwendig ist. Wenn etwa ein größeres Fahrzeug (Lkw) von einer vergleichsweise schmalen Straße in eine enge Gasse abbiegen muss, benötigt der Fahrzeuglenker diesen Spielraum nach links. Im Falle des PKW kam dessen Manöver für den Motorradfahrer aber völlig unerwartet. Er war davon ausgegangen, dass der Pkw nach rechts wegfährt, der aber zog plötzlich erst einmal nach links rüber. Zum Glück hatte der Motorradfahrer das Mindestmaß an Überholabstand eingehalten, und so ging die Situation glimpflich aus.

Vertrauen Sie daher auch bei vermeintlich noch so klaren Überholsituationen nie darauf, dass die anderen sich Ihren Erwartungen entsprechend verhalten werden. Bleiben Sie konzentriert und ziehen Sie vorsichtig und immer mit üppig bemessenem Sicherheitsabstand vorbei. Warten Sie im Zweifelsfall lieber die paar Sekunden ab, bis die Bahn auch so wieder frei ist.