Ein ganz besonderer Saft

„Blut ist ein ganz besonderer Saft“, lässt uns Goethe durch Mephisto wissen. Motorrad- und Rollerfahrende denken bei besonderen Säften wohl eher an die Bremsflüssigkeit, hat sie doch tatsächlich recht spezielle Eigenschaften.

Weil sie sich kaum komprimieren lässt, kann sie unterschiedlich hohe Bremskräfte mit guter Rückmeldung (spürbarer und gut dosierbarer Druckpunkt) übertragen. Zugleich kann sie die während der Bremsvorgänge entstehenden hohen Temperaturen gut vertragen, ohne dass sie zu sieden (Dampfblasenbildung) beginnt. Letzteres hätte eine stark nachlassende Bremsleistung, wenn nicht den Komplettausfall des Systems zur Folge.

Hervorstechendste Eigenschaft ist aber, dass Bremsflüssigkeit bis auf wenige Ausnahmen* hygroskopisch ist. Das bedeutet, sie nimmt nach und nach Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft auf, reichert sich also im Laufe der Zeit mit Wasser an. Mit steigendem Wasseranteil aber sinkt die Temperaturschwelle zur Blasenbildung (mit oben beschriebenen Folgen!). Hinzu kommt, dass Wasser im Bremssystem die Korrosion innerhalb der Bremsanlage fördert.

Aufgrund dieser Eigenschaften muss Bremsflüssigkeit zur Sicherheit in regelmäßigen Abständen gewechselt werden.
Als Intervall gilt in der Regel: „Spätestens alle zwei Jahre“.

Wann ist bei Ihrer Maschine das letzte Mal die Bremsflüssigkeit erneuert worden?

Wer in der Saison nur wenige Tausend Kilometer fährt, schickt sein Motorrad womöglich nur noch alle paar Jahre zur Inspektion. Der Bremsflüssigkeit ist es aber egal, ob sie benutzt wird oder nicht. Sie altert auch im Stand, und das gilt auch für bereits einmal geöffnete Behälter mit frischer Bremsflüssigkeit im Regal.

Schieben Sie den Wechsel nicht auf die lange Bank, wenn die Frist abgelaufen ist, und achten Sie bei der Wahl des Bremsflüssigkeitstyps unbedingt auf die Herstellerangaben. Nicht nur, aber insbesondere bei ABS-Anlagen empfehlen wir, den Wechsel in einer Fachwerkstatt vornehmen zu lassen.


*Technische Anmerkung: Für Motorräder, die ab Werk mit einer Bremsflüssigkeit der Klasse DOT 5 ausgestattet sind, gelten andere Wartungsvorschriften, denn DOT 5 ist nicht hygroskopisch.